Wednesday, October 24, 2007
Durga Puja or how to become famous
Am letzten Sonntag endete Durga Puja, das groesste bengalische Hindufestival des Jahres. Durga Puja bedeutet die Verehrung der Goettin Puja und wird nach dem hinduistischen Mondkalender Ende September oder eben im Oktober gefeiert. Durga Puja ist nicht nur ein religioeses Fest sondern vielmehr ein wichtiges gesellschaftliches Ereignis im Jahreslauf und wird 10 Tage lang gefeiert. In allen Dörfern und Städten feiern die Menschen die Ankunft der Göttin Durga mit Konzerten, Tanzdramen und prunkvollen Prozessionen. Festlich gekleidete Menschen schlendern durch die Straßen. Jeder beschenkt Freunde und Verwandte und stattet Dienstboten und Helfer mit neuer Kleidung aus. Hausfrauen kochen Festessen und stellen spezielle Süßigkeiten her. Ort der Feiern sind nicht die Tempel, sondern die Zentren des täglichen Lebens: Überall in den frisch herausgeputzten Häusern und Höfen, in Veranstaltungszelten oder sogar quer über die Straße bauen die Menschen kleine oder große Altäre auf, davor jeweils eine Bühne. Der Hoehepunkt der Feierlichkeiten ist am 10.Tag und dieser Tag bedeutet gleichzeitig den Abschied Durgas. Da wird die Goettin in kleinen und grossen Umzuegen zum naechstgelegenen Fluss oder Teich gebracht und ins Wasser geworfen.
Ich habe einen Teil der Feierlichkeiten am letzten Samstag beim groessten Hindutempel Dhakas miterlebt. Die verschiedenen Riten sind fuer einen nicht Fachkundigen nicht so leicht zu durchschauen aber das bunte Fest ist in jedem Fall sehr schoen anzuschauen. Eingekleidet in einem von Rumky, einer neuen bengalischen Freundin, ausggeliehenen Sari, waren wir zu viert in Old Dhaka unterwegs.
Bangladesch ist bis dato, unerklaerlicherweise, von der Turismusindustrie noch nicht entdeckt. Nur sehr wenige wagen sich in dieses Land, das fuer mich sowohl aufgrund der aussergewoehnlichen Liebenswuerdigkeit der einheimischen Bevoelkerung als auch der unglaublich ueppigen Vegetation und der Fruchtbarkeit des Landes, mich von Tag zu Tag mehr fasziniert. Als einer der wenigen „foreigner“ die sich in dieses Land wagen, gelte ich damit als wahre Sensation, und werde, egal wo und wie ich irgendwo im oeffentlichen Raum auftrete, unweigerlich zum Publikumsmagneten.
Wer einmal am eigenen Leib nachempfinden will, wie sich ein VIP fuehlt, der sollte nach Bangladesch reisen solange es noch so unentdeckt, urspruenglich, und authentisch ist wie heute. Manchmal fuehle ich mich wie ein Alien, wenn ich wieder einmal ohne etwas besonderes zu tun tausende neugierige Blicke auf mich ziehe, und sich egal wo ich stehenbleibe, Trauben von Menschen um mich bilden, die mich auf bengalisch ansprechen.
Aber das Interesse ist auftrichtig und nicht aufdringlich und zumeist sehr respektvoll. Ich habe bereits einige Phrasen bengalisch gelernt und auch wenn ich auch nur sehr wenig sagen kann, zeigen sich die Bengalen schnell begeistert ob meines Interesses fuer ihr Land, das ich durch meine wenigen bangla-Kenntnisse und durch meine bengalische Kleidung zum Ausdruck bringe. Sehr schnell schliessen sie mich in ihr Herz und betrachten mich als ihre Apa, was so viel wie Schwester heisst.
Am offensten und herzlichsten sind zumeist die Aermsten der Armen, die Grameen Kreditnehmerinnen. Es ist wieder einmal bezeichnend, dass genau jene, die am wenigsten an materiellen Guetern besitzen, am freundlichsten, zugaenglichsten, und gastfreundlichsten sind. Auch wenn sie selbst wenig haben so fuehlen sie sich geehrt, wenn sie mir eine Erfrischung anbieten und ihr Haus zeigen koennen.
Staendige Interaktion mit den Menschen ist hier wirklich unumgaenglich und eher introvertierte und schuechterne Menschen, die nicht auffallen moechten, tun sich wohl eher schwer mit dieser barrierefreien Mentalitaet der Bengalen. Mein VIP Status hier amuesiert mich zumeist. Ich war sogar schon im Fernsehen, in den Abendnachrichten. Ein Privatsender, der national ausgestrahlt wird, hat mich anlaesslich der Durga Puja Feierlichkeiten interviewt und lustigerweise hat mich sowohl die Familie bei der ich in Dhaka wohne als auch mein Tutur bei der Grameen Bank live im TV gesehen. Ich bin also mittlerweile fast eine Beruehmtheit... : )
Das Bangladesch das ich bis dato kennengelernt habe, ist so ganz anders als das triste und bedrueckende Bild, das in den Medien gezeichnet wird. Die Armut, zumindest in der Weise wie der Westen sie definiert, ist omnipraesent. Aber deas Gesicht der Armut ist zumeist nicht so trist wie wir dies erwarten. Viele Menschen hier haben wenig- aber sie machen das Beste aus den ihnen zur Verfuegung gestellten Ressourcen. Die Trucks und die Transportschiffe, die hier verwendet werden, befinden sich wohl zum Grossteil in ihrem letzten Lebenszyklus, wurden sie doch vom Westen hierher gebracht um Verschrottungskosten zu sparen. Die Bengalen bemalen ihre Trucks und Schiffe in den buntesten Farben sodass sie bunt und heiter wirken und die Abnuetzung nicht mehr so evident ist. Gleiches gilt fuer die Behausungen. Egal ob aus Wellblech, Ziegelstein, Stroh oder Bambus – die Kreditnehmerinnen von Grameen zeigen voll Stolz auf das was sie haben und lamentieren nicht darueber was ihnen fehlt. Eine Eigenschaft die im Westen wohl nicht ganz so vorherrschend ist.
Die Natur ist so facettenreich wie die Menschen hier. Die Vegetation ist ueppig- der lehmige Boden ist ausgesprochen fruchtbar und bietet einen ausgezeichneten Naehrboden fuer verschiedenste Fruechte wie Bananen, Papaya, Mango, Checkfruit, Kokosnuesse, und diverseste Gemuesesorten von deren Existenz ich bis dato gar nicht ahnte.
Ist Bangladesch ein armes Land? Gemessen am BIP/Kopf in jedem Fall, doch gemessen an der Lebensfreude der meisten Menschen ist es wohl eines der reichsten der Erde.
Monday, October 15, 2007
Eid al Fitr
Ramadan, das muslimische Fastenmonat hat am lezten Samstag geendet, nachdem da der Neumond gesichtet wurde, und gestern wurde Eid al Fitr gefeiert. Eid al Fitr und Eid al Azhar sind die beiden hoechsten Feiertage der Moslems.
Eid, arab. Freude, und Fitr, steht fuer die Freude die Fastenzeit zu beenden und zur Normalitaet zurueckzukehren. Es beendet das einmonatige Fasten und damit den bewussten Verzicht auf Essen, Getraenke, und sonstigen Genuss von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang. Dadurch haben dieGlaeubigen Zeit sich bewusst auf das Beten zu konzentrieren und um Vergebung zu bitten.
Durch Ramadan lernen die Muslime selbst-bestimmt sich in Verzicht zu ueben, und erleben dadurch die Nahrungsaufnahme nach Sonnenuntergang, dem sogenannten Iftar, umso erfuellender. Ramadan soll die Glaeubigen auch wieder an das Gleichheitsprinzip im Islam erinnern. Danach gibt es keine Unterschiede zwischen den Menschen hinsichtlich Herkunft, Hautfarbe, und sozialem und wirtschaftlichem Background. Durch das Fasten soll auch nachempfunden werden wie sich Arme fuehlen. Oberste Pflicht jedes Moslems und vor allem im Ramadan ist es sich um Beduerftige und Vernachlaessigte in der naeheren Umgebung zu kuemmern, und das wird auch tatsaechlich getan. Aus diesem Glaubensprinzip kommt wohl auch das Gefuehl der Menschen fuer Verantwortung gegenueber ihren Mitmenschen, und die Bereitschaft, alles in der Macht stehende zu tun, um zu unterstuetzen. Die Werte, die der Islam vermittel, praegen letztendlich auch die Kultur der sozialen Verantwortung, der Gastfreundschaft, der Offenheit und der emotionalen Waerme, die ich hier taeglich erlebe.
Schade nur, dass diese Werte viel weniger das Image des Islams im Westen praegen, als jene Bilder die uns die Medien fast taeglich von radikalen Moslems mit Waffengewalt zeichnen. Aber hier geht es eben in erster Linie um Medienwirksamkeit...
Das Eid hat gestern um 7.00 Frueh mit einem einstuendigen gemeinsamen Gebet der Moslems in Moscheen oder auf dem Feld begonnen. Nachdem der Eid-Day einer der groessten Feiertage ist, soll an diesem Tag neue Kleidung getragen werden, und daher beschenken sich die Moslems hier bereits am Vorabend des Eid mit Kleidung oder Schmuck, die/der dann am naechsten Tag waehrend der Familien-/ Freundebesuche oder beim Spaziergang stolz zur Schau gestellt wird. Die Frauen tragen wunderschoene bunte Saris oder Salwar Kamiz, die Maenner lange bestickte Hemden in unterschiedlichen Stoffen und Farben, die bis ueber die Knie reichen.
Das Strassenbild Dhakas hat sich gestern durch das Eid komplett veraendert. An den Strassenraendern, wo norrmalerweise die aermsten der Armen um Almosen betteln, stolzierten gestern im Sonnenschein schoen gekleidete Menschen. Die Bettler sind fuer die Feiertage in ihre Doerfer und zu ihren Familien zurueckgekehrt- ebenso wie die meisten anderen Bengalen, die in Dhaka ihren Lebensunterhalt verdienen. Normalerweise versinkt die Stadt im Verkehrschaos. 1000e Rickshaws, CNGs, oeffentliche Busse, und private KFZ verstopfen taeglich die Strassen und machen Fortbewegung relativ muehsam. Doch seit Samstag sind die Strassen relativ leer und ich stelle fest, dass die Distanzen im Grunde gar nicht so lang sind. Verkehrsampeln gibt es hier zwar, doch die Farbe der Ampeln beeindruckt die Fahrer relativ wenig- es gelten hier eben eigene Gesetze.
Besonders faszinierend und abenteuerlich finde ich es hier oeffentliche Busse zu benuezten. Die Nummern der Busse sind in Bangla angeschrieben und die Strassen haben zwar offiziell Namen, die aber keiner kennt. Es gibt auch keine Beschriftung der Strassen und so orientiere ich mich an markannten Punkten wie Einkaufszentren. Unglaublich wie erfinderisch die Bengalen sind wenn es um Sitzplaetze im Bus geht. Ein Bus ist erst dann wirklich voll, wenn wirklich jeder Platz/Ort besetzt ist und so sass ich heute auf einem kleinen Stueck Matratze direkt neben dem Fahrer und hatte die beste Aussicht. Ich hab mich sehr amuesiert, auch wenn es etwas sehr eng war und der Koerperkontakt mir dann doch manchmal etwas zuviel wurde.
Am Eid Tag steht eindeutig das Essen im Vordergrund. Neben vesrchiedenen Suessspeisen aus Milch, Rosinen, Nuessen, und einer Art sehr duenner Nudeln, gibt es verschieden Curries auf Huehner- oder Rinderbasis und selbstverstaendlich Reis. Reis ist das Grundnahrungsmittel und steht taeglich am Programm. Wer keinen Reis mag, was fuer mich Gott sei dank nicht zutrifft, hat es hier relativ schwer satt zu werden.
Wie bereits geschrieben, hae ich ein Zimmer in einer Familie gefunden, die nicht wirklich repraesentativ ist fuer bengalische Verhaeltnisse. Der Lebensstandard ist mit unserem in der Mittelschicht vergleichbar. Ich habe das Eid mit Flora und ihrem 20 jaehrigen Sohn verbracht und gemeinsam waren wir zum Mittagessen bei dem Inhaber einer Jutefabrik eingeladen, der durch Export in die USA zu Reichtum gekommen ist. Es ist spannend fuer mich zwischen arm und reich hin- und herzupendeln, weil der Gegensatz hier besonders krass ist.
Auf den Strassen Dhakas, dann wenn die Bettler ihrem „Business“ nachgehen, fuehle ich mich manchmal wie eine wandelnde EUR-Note. Hier wird mir noch mehr bewusst und taeglich vor Augen gefuehrt, wie privilegiert ich bin, und welche Moeglichkeiten mir meine Herkunft und mein Bildungsstand bieten.
Genau diese Moeglichkeiten habe ich mich ja nun entschlossen auf eine fuer mich adaequate Weise zu nuetzen, und so meinen persoenlichen Beitrag zu leisten.
Meine Idee einer Grameen Replication in Aegypten wird zunehmend konkreter, und einige Puzzlestuecke konnte ich bis dato schon zusammenbauen. Wenn auch viele noch fehlen, so sehe ich doch bereits einen, wenn auch sehr vagen, Rahmen.
Eine sehr zentrale Frage fuer die Arbeit im Mikrofinanzierungsbereich habe ich hier in Bangladesh bereits fuer mich beantworten koennen. Hier wo Armut fast immer- und ueberall praesent ist, konnte ich feststellen, dass ich keine Beruehrungsaengste mit der Armut habe. Ich fuehle mich angezogen von der Authentizitaet und Direktheit jener Menschen, die ich bis dato getroffen habe, und ich habe festgestellt, dass ich recht rasch ihr Vertrauen gewinnen konnte.
Ich glaube so wie Yunus, dass in jedem Menschen sehr viel Potential steck, und jeder Mensch Unternehmer werden kann, wenn er das will, und wenn man ihm die Moeglichkeit dazu gibt. Yunus hat dies mit seiner Grameen Bank in Bangladesch sehr erfolgreich beweisen- in jedem Fall lohnt sich der Versuch aehnliches woanders auszuprobieren.
Thursday, October 11, 2007
Das Leben im Village....
Waehrend es Ziel meiner ersten Trainingswoche war, die Aufbau- und Ablauforganisation in der Grameen Bank und ihrer zahlreichen Filialen zu verstehen, war der Trainingsinhalt dieser Woche Finance and Accounting within Grameen. Als ich am Montag in der Filiale ankam, musste ich relativ schnell zur Kenntnis nehmen, dass ich mir wohl einen Uebersetzer leisten musste, nachdem ich das gebrochene Englisch des Branchmanagers beim besten Willen nicht verstehen konnte. Ubersetzer kosten USD 20 /Tag und bis dato kam ich ohne ihre Hilfe aus. Wir bemuehten uns beide redlich in der wenigen freien Zeit die der Branchmanager aufgrund seines wirklich massiven Arbeitspensums fuer mich opfern konnte, Antworten auf die vorgegebenen Fragen zu bekommen, aber trotz des Uebersetzers war dies nicht wirklich moeglich. Der Ubersetzer hatte selbst keine Ahnung von der Materie, und der Branchmanager konnte sich scheinbar nicht wirklich gut ausdruecken oder wusste die Antwort einfach nicht. Nachdem er dies nicht zugeben konnte, redete er ohne eine Antwort auf meine Fragen zu geben. Es war ein extrem muehsamer Prozess und ausserordentlich Energieraubend weil ich ja wirklich die Arbeistweise von Grameen verstehen wollte. Nach dem Interview hatte ich so wenig Engergiereserven, dass ich schliesslich auf mein Notfallpaket rueckgreifen musste und am Roof der Branch ein aus Oesterreich mitgebrachtes Power-Gel, das mir schon beim Marathon gute Dienste geleistet hat, zu mir nahm. Danke Margit- es hat gute Dienste geleistet! Aber auch diese Erfahrungen gehoeren zu meinem Aufenthalt hier- zu lernen ueber kulturelle Unterschiede und Kulturschocks zu erleben und diese zu ueberwinden. In jedem Fall ueberwiegen die positiven Erfahrungen die ich hier mache.
Ich habe bereits oft auf die Frage der Einheimischen nach meinem Befinden geantwortet, dass ich mich in Bangladesch noch keine Minute einsam und alleine gefuehlt habe- bei einer Gesamtbevoelkerung von 145 Mio. Auch nicht weiter verwunderlich.... ; ) Aber Einsamkeit haengt ja nicht unbedingt mit der Abwesenheit von Menschen zusammen sondern vielmehr mit dem Grad an sozialer Interaktion. Das ist abert nun wirklich eine schoene Ausdrucksweise, um den Umgang der Bengalen untereinander und gegenueber Fremden zu beschreiben. Die Bengalen haben ein Gefuehl der Verantwortung gegenueber ihren Mitmenschen. Sie kuemmern sich umeinander, betrachten die Probleme der anderen als ihre eigenen, und suchen nach Loesungen. Sie betrachten jeden Fremden in Bangladesch als ihren persoenlichen Gast. Diese Gastfreundschaft habe ich bis dato von jedem Bengalen und von jeder Bengalin erfahren, mit dem/der ich in direkten Kontakt kam. Freundlichkeit, Offenheit, Interesse, Unterstutzung- Bengalen versuchen alles in ihrer Macht stehende zu tun, um meinen Aufenthalt hier so bequem und angenehm wie moeglich zu machen. If you are happy, I am happy- ist eine oft vernommene Aussage. Ich habe Gastfreunschaft und soziale Waerme bereits waehrend meiner Aufenthalte in Palaestina und Aegypten kennen und schaetzen gelernt und glaube, dass der Wert sehr stark in der muslimischen Kultur verankert liegt. In Europa, zumindest in Nordeuropa, wird der Begriff Gastfreundschaft doch deutlich anders verstanden. Fuer Bangladesch gilt die Gastfreundschaft in jedem Falle religionsuebergreifend auch fuer Hindus. Hindus stellen hier die Minderheit dar.
Ich hatte das Glueck diese Woche meine Erfahrungen in einer von einem Hindu gefuehrten Filiale machen zu duerfen. Hindus und Moslems leben hier nicht nur friedlich neben- sondern auch wirklich miteinander. An diesem Wochenende feiern die Moslems ihr groesstes Fest- das Eid Al Fir- das Ende des Ramadans. Das Eid =Fest) beginnt fuer die maennlichen Moslems mit einem gemeinsamen einstuendigen Gebet am Morgen auf dem Feld, dem Idgar, waehrend die Frauen scheinbar zu Hause beten und bereits die diversesten Suesspeisen und Geschenke vorbereiten fuer die Gaeste (Freunde und Familie) die im Laufe des Tages das Haus besuchen. Angeblich beginnt nach dem Gebet das grosse Essen und der Verzicht im Ramadan, zumindest waehrend des Tages, wird dann waehrend der Festtage kompensiert. Aehnlich wie bei uns Weihnachten- nur dass wir in Massen essen ohne zuvor gefastet zu haben. Um den 22. Oktober startet nach dem Eid al Fitr das groesste hinduistische Fest im Jahr- Durga Puja. Das nette ist, dass die Bengalen sich religionsuebergreifend zu diesen beiden Festen gegenseitig besuchen und gemeinsam feiern. Das Miteinander steht hier immer im Vordergrund.
Der soziale Zusammenhalt ist es wahrscheinlich auch, der die Bengalen ihre widrigen Rahmenbedingungen, wie das besondere Klima, die Armut, und die regelmaessige Konfrontation mit Naturkatastrophen, leichter ertragen lassen. Staerkung des Individuums durch Gruppenzugehoerigkeit und Hilfe zur Selbsthilfe- dies sind ja auch die zentralsten Ziele von Grameen. In der Tat habe ich bis dato wenige Menschen getroffen, die ueber ihre persoenlich Lage lamentieren. Sowohl die meisten Kreditnehmerinnen von Grameen als auch Grameen MitarbeiterInnen versuchen auf Basis ihrer vorhandenen Ressourcen und persoenlichen Kapazitaeten das Beste aus der Situation zu machen.
Das Leben am Land ist wirklich sehr einfach- sowohl fuer die laendliche Bevoelkerung als auch fuer die BranchmitarbeiterInnen in der Filiale. In den Filialen selbst gibt es keine Computer. So muessen alle taeglichen Abschlussarbeiten, woechentlichen, monatlichen und vierteljaehrlichen Reportings, manuell erledigt werden. Auch wenn die Zielgruppe eine andere ist, und die Bank die verschiedensten sozialen Foerderungsprogramme anbietet- u.a. werden Kredite fuer Bettler vergeben- arbeitet die Bank wie eine Kommerzbank. Rechnungswesen und Controlling sind aeusserst straff organisiert und institutionalisiert. Das Monitoring erfolgt auf woechentlicher, monatlicher und vierteljaehrlicher Basis. Jede Branch legt Gewinn – und Verlustrechnungen zum 30.06. und 31.12. Budgets werden auf Monatsbasis fuer 1 und 3 Jahre erstellt. Budgetabweichungen werden monatlich festgestellt und ertragssteigernde Massnahmen ergriffen. Ich habe bereits mit Harun, meinem ersten Branchmanager, ueber den hohen Grad an Uebereinstimmung zwischen unseren Arbeitsinhalten gelacht.
Ich habe in den letzten beiden Wochen einen wirklich guten Einblick in die straff gefuehrte Organisation und Arbeitsweise von Grameen bekommen, die nach den Worten Yunus’ keine Charity Organisation ist, sondern eben eine Spezialbank der ehemals Armen. Das rigide Kostenmanagemnet von Grameen unterstuetzt eine sehr rudimentaere Einrichtung der Filialen und der Wohnbereiche der Angestellten, die sich als wirkliche „Arbeitstiere“ entpuppten. Ganz im Gegensatz zu unserer Vorstellung von der Arbeitsweise und dem Arbeitspensum in den sogenannten Entwicklungslaendern, beginnt der Arbeitstag eines Grameen Staff um ca. 7 Uhr morgens und endet gegen 22-23 Uhr abends. Trotz des immensen Arbeitspensums beklagt sich hier keiner. Grameen Mitarbeiter fuehlen sich im Dienst der guten Sache. Die meisten sehen es als Ehre fuer Grameen zu arbeiten und durch die direkte Arbeit mit den rural poor, zu helfen deren life style zu heben. Darueber hinaus gewaehrt Grameen ein umfassendes System an social benefits fuer die MitarbeiterInnen und ein finanziell interessantes Abfertigungs- und Pensionssystem.
Ich kann kaum glauben, dass es erst 2 Wochen sind, seitdem ich hier angekommen bon. Bangladesch gestaltet sich erlebt so ganz anders als als das Image, das die Medien von diesem Lande geben. Durch meine zahlreichen positiven zwischenmenschlichen Erfahrungen, fuehle ich mich bereits jetzt schon relativ integriert. Vieles ist schon sehr vertraut, und doch gibt es taeglich so viel Neues zu beobachten und zu erfahren – wie gesagt, ein grosses Abenteuer, und ihr seid indirekt dabei. Ich hoffe morgen endlich die Fotos laden zu koennen. Dann werden meine Erzaehlungen noch etwas anschaulicher und plakativer und selbstverstaendlich zeige ich euch Photos von mir im Sari und mit Salwar Kamiz – die Einheimischen sind begeistert. Ich hoffe ihr seid es auch ..... :
Friday, October 5, 2007
Meine erste Woche in der Grameen Bank ...
Das basic Training hat bereits am letzten Montag mit einem Erfahrungsaufenthalt in einer Grameen Bank (GB) Filiale auf dem Land gestartet. Ziel des Trainings ist es nicht nur theoretisch ueber die Arbeitsweise von Grameen informiert zu werden, sondern wirklich Einblicke in die taeglichen Ablaeufe in verschiedenen GB Filialen zu bekommen, direkten Kontakt zu den Kreditnehmerinnen, den Grameen Mitgliedern, zu bekommen, die Moeglichkeit Interviews zu fuehren sowohl mit den Members als auch mit den Branch Managern ueber die taeglichen Probleme und die von Grameen entwickelten Loesungsansaetze, die Arbeits- und Kreditvergabeprozesse, und die durch Grameen realisierten neuen Life Styles der Kreditnehmerinnen. Das Trainingsprogramm geht damit weit ueber meine Erwartungen hinaus. Grameen erlaubt damit wirklich tiefgehende Einblicke in das Grameen System und die Moeglichkeit dieses spezielle System der Mikro-Kredite in einem anderen Land zu kopieren.
Das Leben am Land ist sehr basic und die Grameen Mitarbeiter versuchen den Kreditnehmerinnen sehr nah zu sein. Ein wichtiges Prinzip von Grameen ist, dass Grameen zu seinen Kreditnehmerinnen geht und vor Ort Kredite anbietet. Ausserdem ist auch die Lebensweise der Grameen Bank Mitarbeiter sehr einfach und damit den oertlichen Gegebenheiten angepasst. Das Grameen System der Mikro-kredite ist aeusserts elaboriert. Die Bank selbst laeft aufgrund eines profitorientierten Systems, doch dieses System basiert auf einer stark ausgepraegten sozialen Verantwortung gegenueber der bengalischen Gesellschaft und in erster Linie gegenueber den sogenannten rural poor. Was ich bis dato gesehen habe, hat mich ziemlich beeindruckt. Es gibt so viel ueber das ich schreiben moechte und deshalb werde ich diesen Blog so bald wie moeglich fortsetzen.